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Bremen, den 29.9.2003
Am 1.10.2003 sind zwei bremer Verweigerer des Kriegsdienstes zur Bundeswehr einberufen worden. In ihren jeweiligen Kasernen werden sie jeden Befehl verweigern, da sie den Kriegsdienst, zu dem auch der sogenannte Zivildienst gehört, komplett ablehnen. Beiden droht deshalb ein mehrmonatiger Arrest in den jeweiligen Kasernen. Bekannt ist bisher der Totalverweigerer Jannes von Bestenbostel, der schon die Musterung verweigerte. Der zweite Totalverweigerer ist bisher nicht bekannt geworden, da er die Bundeswehreinheit, zu der er einberufen wurde, mit seiner frohern Botschaft überraschen will.
Nachdem der bremer Kriegsdienstverweigerer Jannes v. Bestenbostel den Musterungsbescheid des Kreiswehrersatzamtes ignoriert hatte und ihn die Polizei auch zuhause mehrfach nicht angetroffen hatte, wurde er am 10. März 2003 von zwei Beamten im Kunstunterricht überrascht. Jannes wurde gebeten, herauszukommen und ihm wurde mitgeteilt, dass man ihn nun aufgrund eines Vorführungsbefehls zum KWEA bringen würde. Nachdem er sich weigerte, freiwillig mitzukommen, drohten die Polizisten, ihm Handschellen anzulegen. Jannes: "Das war meines Erachtens eine ziemlich überzogene Massnahme die ich selbstverständlich verweigerte und mich anschliessend auf den Boden setzte." Dennoch wurden ihm Handschellen angelegt und er wurde, mittlerweile begleitet von MitschülerInnen, aus dem zweiten Stock der Schule die Treppen heruntergeschleift.
Inzwischen war ein weiterer Streifenwagen eingetroffen und die Beamten versuchten die MittschülerInnen am Haupteingang zurückzuhalten, wobei es zu kleineren Rangeleien kam. Da Jannes sich auch weigerte, sich in den Streifenwagen zu setzen, wurde er von den Polizisten liegend auf der hinteren Sitzbank verstaut. Es traf noch ein dritter Streifenwagen ein, und im Polizeifunk hörte Jannes von einem weiteren angeforderten Streifenwagen und einem Kamerawagen. Die Abfahrt wurde von Jannes MitschülerInnen noch herausgezögert. Während ein Polizist versuchte, diese zurückzudrängen, fuhr diesem ein Kollege über den Fuss.
Vor dem KWEA wurden Jannes die Handschellen abgenommen, um kein Aufsehen zu erregen. Er liess sich dann ins Gebäude tragen, wo sowohl bei den Polizisten als auch beim Zuständigen des KWEA Ratlosigkeit über das weitere Vorgehen herrschte.
Jannes verweigerte die Musterung und liess sich auch nicht auf Diskussionen ein. Er erhielt daraufhin eine Musterungsbescheinigung (T2 nach Augenschein). Wegen der Verweigerung wurde ein Bussgeld verhängt, welches er aber bis heute noch nicht gezahlt hat.
Die Entscheidung, diese Schwierigkeiten auf sich zu nehmen ging bei Jannes aus folgenden Überzeugungen hervor: Jannes ist überzeugter Antimilitarist und lehnt daher die allgemeine Wehrpflicht grundsätzlich ab. Die Wehrpflicht besteht aus zwei Teilen: Aus dem Miltärdienst an der Waffe und andererseits aus dem "zivilen" Dienst. Beide Zwangsdienste sind untrennbar miteinander verknüpft, gegen Verweigerer beider Dienste wird wegen "Fahnenflucht" bzw. "Gehorsamsverweigerung" ermittelt. Ohne die Unterstützung des "zivilen" Dienstes kann das Militär im Kriegsfall nicht arbeiten. Mit der Einführung des Zivildienstes wurde keine soziale Alternative zum Militärdienst geschaffen, sondern zivile Bereiche des Militärs wurden verlagert. Im Kriegsfall sind Zivil- und Militärdienst gesetzlich gleichgestellt: $ 80 ZDG: "Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit der Person, der Freizügigkeit und der Unverletzlichkeit der Wohnung sowie des Petitionsrechtes werden nach Massgabe dieses Gesetzes eingeschränkt." Einsatzbereiche Zivildienstleistender im Kriegsfall wären laut dem Weissbuch des Bundeskriegsministeriums 1994 z.B. "Die Staats- und Regierungsfunktion aufrecht zu erhalten, die Zivilbevölkerung zu schützen, die Zivilbevölkerung und die Streitkräfte zu versorgen, die Streitkräfte mit zivilen Gütern und Leistungen unmittelbar zu unterstützen." Jannes wollte nicht "im fahrenden Zug der Aufrüstung und Kriegsplanung weiter hinten im Speisewagen dienen, sondern die Notbremse ziehen" - er entschloss sich zur totalen Kriegsdienstverweigerung.
Jannes wurde zum 1.10.2003 als Panzergrenadier nach Brandenburg einberufen. Dort wird er den Befehl verweigern. Als Disziplinarmassnahme wird er vorraussichtlich für drei Monate in Arrest kommen. Nach dieser Arrestzeit steht ihm ein Prozess wegen Dienstverweigerung bevor. Sowohl im Arrest als auch beim Prozess hofft er auf Unterstützung.
Unterstützung erfahren die die beiden Totalverweigerer durch eine
Unterstützungsgruppe, die zum Teil die Totalverweigerer zu ihren
Kasernen begleiten wird. Ein anderer Teil der Gruppe wird am 1.10. ab 10
Uhr am Hauptbahnhof Flugblätter an die einberufenen Rekruten
verteilen.
Damit sollen sie auf die eigentliche Aufgabe der Bundeswehr und die
Möglichkeiten sich dieser zu verweigern Aufmerksam gemacht werden.
Solipost für Jannes an:
Trukft Roland-Kaserne Fohrder Landstr. 33 14772 Brandenburg